Sonntag Abend, gerade zurück gekommen vom Adventskaffee, Tatort Zeit, mich lockt es mit einem Glas Wein auf das Sofa. Doch Montag soll will ich über den Zuschnitt meines Kleides berichten... Ich frage meinen Mann, ob er mir beim Abpausen des Schnittes hilft - die Antwort sind drei Fragen: Wieso musst du das jetzt machen? Wieso muss du denn ein Kleid unbedingt vor Weihnachten nähen? Hast du nicht schon genug Projekte? Hm, hat er recht? Gebe ich auf? Nein! Ich WILL doch ein Kleid nähen! Wiebkes Bericht habe ich schon per mail - wie vereinbart - um 18:00 Uhr erhalten, das wirkt als positiver Druck. Also gut, kein Tatort, für Sonntag heißt es mindestens den Schnitt abpausen - Zuschneiden geht ja auch noch morgen Nachmittag. Ich bitte meinen Mann um ein Glas Wein und etwas Musik. Er legt J.J. Cale "Cocaine" auf!!??
Was brauche ich? Papier, Stift, Lineal - in meinem Fundus fand sich noch eine Packung Schnittmuster-Transparentpapier. Der Preis 2,95 DM von Karstadt - trägt den Namen FRIPA SCHNITTLEICHT - Ok, ich schaffe das....
Zwei Schnittmusterbögen waren in der Packung Simplicity 3673 - ich hatte mich für Variante C mit dem weiten Rock entschieden. Auf den Bögen finde ich exakt 4 Teile - Oberteil Vorder- und Rückenteil, Rock Vorder- und Rückenteil - soll das alles sein? Weiterhin soll ich bei kleinen Kreisen und Pfeilen entscheiden ob ich Miss Petite oder Miss bin. Ich entscheide mich für Miss, mit dem Hintergedanken lieber zu groß als zu klein zu zuschneiden. Auf einem Teil für Variante A steht, das es inclusive 3/8 Inch Nahtzugabe ist - auf den Teilen für Variante C (mein Kleid) steht nix - muss ich die jetzt dazu rechnen oder nicht?
Ich gebe zu, ich schwächel etwas, aber der Vorsatz hiess: STRESSFREI in die Weihnachtszeit! Auch habe ich heute mehr geschafft, als ursprünglich von mir erwartet. :) Einige Fragen sind noch offen und ein Reißverschluss fehlt mir auch immer noch. Fragen, wie zum Beispiel:
Sind es tatsächlich nur 4 Teile + 2 Teile für das Innenfutter? Ist der Schnitt mit Nahtzugabe oder ohne Nahtzugabe? Muss ich manche Teile seitenverkehrt zuschneiden? Wie nähe ich das Innenfutter mit dem Stoff für das Oberteil zusammen?
Ich freue mich schon auf den Tag, an dem ich sagen kann "das Kleid war ja doch einfach zu nähen!" Wiebke ist standhafter geblieben und hat alles "just in time" soweit fertig.....
Hier Wiebkes Bericht:
Der heutige Programmpunkt ist für mein Kleiderprojekt ein recht einfacher: 4 Schnittteile -eins davon im Stoffbruch- plus Besätze und Kragen. Ohne großes stoffsparendes Hin- und Herschieben aus einem Unistoff ausschneiden und 4 Abnäher übertragen.
Und vorsichtig sein im weiteren Verlauf: Stoffe mit zwei gleichen Seiten verführen schnell mal dazu, bei erforderlichen rechten und linken Teilen zwei gleiche Teile, also nicht seitenverkehrte Teile, herzustellen.....und das Auftrennen von schwarzen Nähten auf schwarzem Stoff kann erfahrungsgemäß nervig sein.
Den Schnitt habe ich wie immer auf Skizzenpapier kopiert. Eigentlich wollte ich ja auch endlich mal Baufolie ausprobieren, die Argumente für die bessere Vorab-Passformkontrolle überzeugen mich eigentlich schon, aber ich liebe es, mit Bleistiften zu malen und zu schreiben. Folienstifte finde ich nicht so wirklich sympathisch...
Die große Stoffmenge meines Ballenfundes muß erst einmal bewältigt werden. Meine üblichen Meterstücke passen immer ganz locker auf den, mir gewohnheitsrechtsmäßig angeeigneten Zuschneidetisch. Ich muß mir diesen auch gerade mit einem Adventskranz teilen...
Ich habe den ganzen vielen anhängenden Stoff seitlich auf einem Stuhl parken können, aber wie macht man so etwas mit einem Riesenstück dicken schweren oder extrem flutschigen Stoffs, der dann immer das kürzere Stück vom Tisch ziehen würde?
Hier ein Foto vom Zuschnitt, bei mir mit einer Stoffschneideschere. Habe auch eine Schneidematte und einen Rollschneider. Aber irgendwie bin ich nicht so richtig begabt, damit Kurven zu schneiden. Und nach dem Nähunfall meiner lieben Gastgeberin bin ich auch nicht mehr besonders motiviert, mir diese Technik besser anzueignen. Lediglich für den Zuschnitt von Jerseybündchen oder Schrägbandstreifen arbeitet es sich mit einem Lineal und Rollschneider definitiv besser.
Und während St.Pauli gegen Dresden gewonnen hat -was dem restlichen Familien-Adventssonntag richtig gut tun wird, hehe- habe ich fluchs alles aus- äh zugeschnitten.
Lieblich adventlich gestimmt (danke St.Pauli...), begleitet von Kerzenschein, schöner adventlicher Musik ,
umweht von einem leichten Kellermuff. Der Liebste hat gestern die Weihnachtsdeko-Kiste aus dem wohl zwischenzeitlich etwas feucht gewordenen Keller geholt und bei der Gelegenheit auch gleich was für mich mit hochgebracht.
Öffentliches Nähen erfordert eine gewisse Struktur, Organisation und gute Vorbereitung. (ich habe eigentlich definitiv andere Begabungen...) Also habe ich weitergedacht und mir voll Grausen vorgestellt, wie ich mich und ein schwarzes Kleidungsstück im Advent mit Selbstauslöser werde fotografieren müssen.
Da fiel mir ein, dass evtl. noch diese Schneiderpuppe im Keller sein könnte. Sie war in meiner Jugend ein Geschenk von einer Freundin meiner Oma und damals längere Zeit ein Dekoteil in meinem Zimmer, aber zum Nähen hatte ich sie nie benutzt.
Dieses Drahtgestell läßt sich aufknöpfen, anziehen und den eigenen Körperformen anpassen. Habe ich gemacht (nein davon wollt ihr kein Foto sehen), und nachdem ich mich endlich wieder aus dieser Verpackung befreit hatte, hätte ich gerne noch ein bißchen weitergeformt, optimiert und an der Wahrheit gebogen....aber Mogeln soll man nicht, schon gar nicht im Advent, gell?
Nun steht da also eine taillenlose Drahtmadame. Ich habe ihr voll Eifer gleich meinen halbfertigen Johanna-Mantel übergehängt, der seit Wochen auf das Abnähen diverser Anpassungen wartet. Und siehe da: genau die Absteckungen, die ich am lebenden Objekt, also an mir selbst, vorgenommen hab, bestätigen sich hier! Ich bin begeistert.
In Wiebkes unstrukturiertem Nähstübchen werde neue Zeiten anbrechen.
Hatte ich schon erwähnt, dass ich diese Aktion von Cat einfach klasse finde?